Wenn Hunde Kummer bereiten, leiden sie oft selbst welchen. Manchmal verhalten sich Hunde so, dass sich daraus Probleme für ihre Menschen ergeben. Daran können ungünstige Haltungsbedingungen schuld sein. Auch wenn der Mensch mit dem Hund nicht klar kommuniziert kann sich Problemverhalten entwickeln. Der Hund braucht drei Dinge zum Glücklichsein: Einen konsequenten Führer, Gesellschaft und ausreichend Stimulation.
Was braucht hund für ein erfülltes Leben?
Sind die Haltungsbedingungen nicht optimal und werden Fidos Bedürfnisse nicht befriedigt, können sich daraus Verhaltensprobleme entwickeln. Stress durch Über – oder Unterforderung ist oft die Quelle allen Übels.
Gesellschaft steht auf der Hitliste der Hunde ganz oben. Wenn er in einem inaktiven "Rudel" lebt, muss er Kompromisse eingehen. Alleine toben und streunen oder mit dem Rudel ruhen? Fido fügt sich und erträgt die Langeweile. Langeweile ist Unterstimulation und darauf kann der Hund mit Stress reagieren – genau wie auf Überstimulation. Stress ist oft der Auslöser für Aggressionen.
Körperliche Aktivität ist wichtig. Lange - wirklich lange - Spaziergänge und Hundesport für besonders aktive "Fidi". Agility und Dogdancing sind vielleicht gar nicht so doof
Auch Kopfarbeit ist wichtig. (Ja - der Kopf gehört auch zum Körper. Trotzdem.)
Hunde sind Nasentiere. Im Vergleich zu uns ist bei ihnen ein großer Bereich des Gehirns dem
Riechen gewidmet. Deswegen schnüffelt er ausgiebig am Laternenpfahl seiner Wahl. Das muss
erlaubt sein, auch wenn's mal wieder länger dauert
Nasenarbeit ist anstrengend. Und befriedigend, denn der Hund nimmt damit sehr, sehr viele Informationen auf.
Und Denkarbeit. Unsere Hunde sind ständig unterfordert. Nie gibt es Probleme zu lösen. Das Futter erscheint pünktlich im Napf, wenn mal was nicht klappt springt der Mensch schnell ein. Vorher ist er auf Fidos Hundeblick reingefallen. Probleme lösen und kleine Aufgaben lernen, Kunststücke, was auch immer, ist ungemein wichtig. Je mehr das Gehirn angeregt wird, desto besser.
Nach einer nicht repräsentativebn Umfrage ruht fast die Hälfte der Hunde mindestens 20 Stunden am Tag. Die Hunde, die am längsten ruhen zeigen auch am häufigsten irgendein Problemverhalten. Und auch der Schweregrad der Verhaltensstörung korreliert mit der täglichen Ruhezeit. Je länger Hunde ruhen oder im Klartext: sich langweilen, desto häufiger entwickeln sie irgendein Problemverhalten. Die Ursache hierfür dürfte Stress durch Unterforderung sein.
Für dei geistige Auslastung ist allerdings der Lernprozess selbst ausschlaggebend, nicht das Vorführen von Gelerntem. Auch das Erlernen von Gehorsamsübungen steigert die geistige Auslastung. Während der Hund versucht, herauszufinden, was man von ihm möchte, muss er sich am meisten anstrengen.
Der Einsatz von Intelligenzspielzeug ist eine gute Methode, den Hund geistig auszulasten. Da Hunde aber denkende Wesen sind, haben sie den Trick meist schenll raus. Wenn man seinen eigenen Kopf ein bisschen anstrengt, kann man aber mit einfachen Mitteln selbst Hundespielzeug basteln. Und wenn man das Prinzip erst mal verstanden hat, ist die Welt voller Hundespielzeug. Zum Beispiel kann man Leckerli in Joghurtbechern, leeren Saftflaschen oder Eierkartons deponieren...
Anders Hallgren hat ein nettes kleines Buch über Mentales Training für Hunde geschrieben.
Hunde leben in einem sozialen Verband, der menschlichen Familie. Dort herrscht eine seichte Hierarchie. An der Spitze steht ein Oberhaupt. Es steht dort, weil es ruhig und souverän ist, nicht weil es der Stärkste ist oder am lautesten brüllt.
Hunde brauchen eine Führer, auf den sie sich verlassen können. Wenn der Hund seinem Führer nicht vertraut, wird er in einer Krisensituation die Sache selbst zwischen die Zähne nehmen.
Was macht einen guten Führer aus?
In erster Linie Ruhe und Sicherheit. Ganz sicher träumt Fido nicht von einem ängstlichen Führer. Er darf auch in schwierigen Situationen nicht die Nerven verlieren. Das ist gar nicht einfach. Da steckt viel Arbeit drin. Man muss wirklich ruhig sein. Schauspielern ist nicht - das merkt Fido. Spürt er Angst oder Panik am anderen Ende der Leine, muss er sich selbst helfen und tut eventuell genau das, wovor sein Mensch Angst hat. Ein Teufelskreis.
Aggressives, wütendes Auftreten in "Krisensituationen" interpretiert der Hund als Schwäche. Und wer will einen schwächlichen Führer? Fido nicht.Er braucht jemanden, von dem er denkt: du bist prima, weißt immer was zu tun ist, tust mir nichts, du darfst mich führen. Das ist der Punkt. Mit Gewalt wird man sich nie an die Spitze setzen.
Die Vorstellung, dass Hunde in einer strengen Hierarchie leben, in der es ein Leittier, den so genannten "Alpha" gibt, stammt zum Teil von Bobachtungen an in Gefangenschaft lebenden Wolfsrudeln. Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass diese eine Rangordnung entwickeln, die einer strengen "Hackordnung" entspricht und eher den Gesellschaftsstrukturen in Gefangenenlagern entspricht.
Die Rangornung in Freilebenden Wolfsrudeln weicht davon allerdings ab. Der Alpha-Wolf und die Alpha Wölfin nehmen die Führungsposition ein, ansonsten herrscht eine flache Hierarchie. Ganz ähnlich, wie in einer Familie – und genau das sind die meisten Wolfsrudel auch: Ein Leitpaar, dass sich fortpflanzt lebt mit den Nachkommen einiger Generationen zusammen, bis diese abwandern und eigene Rudel zu gründen. (Mech, 1999)
Auch Hunde leiden unter unserer Zivilisationskrankheit Stress. Umwelteinflüsse wie laute Geräusche oder dichtes Menschengewühl, Demotivation und Frustration durch negative Erfahrungen und Überforderung, Unsicherheit und Angst, "Nicht verstanden werden" lösen auch bei Fido Stress aus.
Viele Hunde stehen unter starkem Erfolgsdruck durch eine zu hohe Erwartungshaltung ihrer Menschen. Und das macht Stress. Hunde sind Gewohnheitstiere und lieben Regeln, an denen sie sich orientieren können. Hunde schätzen "Rudelführer", dem sie vertrauen können. Wenn der Mensch hier versagt, muss der Hund die Sache selbst in die Hand bzw zwischen die Zähne nehmen. Dann geraten Hunde genau wie Menschen unter Stress und reagieren darauf wie wir mit Angst und Aggression.
Konflikte können ebenfalls Stress auslösen. Ein solcher Konflikt kann entstehen, wenn der Führer sich nicht konsequent verhält. Kommt Fido, wenn er gerufen wird, und wird dafür manchmal gelobt, manchmal geschimpft - weil er vorher etwas falsch gemacht hat - bleibt ein verunsicherter, gestresster Hund zurück.
Die natürliche Funktion von Stress ist, den Körper in Alarmbereitschaft zu versetzten und möglichst viele Kräfte zu mobilisieren. Der Blutdruck steigt, die Atmung wird beschleunigt, der Blutzuckerspiegel steigt (Glucose liefert schnellste Energie für Kampf oder Flucht) All das wird von primitiven, stammesgeschichtlich alten Gehirnregionen gesteuert und die Großhirnrinde, in der (auch Fidos kleiner) Verstand sitzt, hat Pause. Bei hohem Stresspegel ist es deshalb unmöglich, rational zu denken. Der Hund kann gar nicht reagieren, wenn sein Mensch jetzt irgendwas von ihm will.
Adrenalin und Noradrenalin aus der Nebennierenrinde sind die Hormone, die diese kurzfristige, akute Stressantwort auslösen. Bei Stress werden auch Endorphine freigesetzt. Das sind körpereigene Glückshormone, die ein Glücksgefühl auslösen und das Schmerzempfinden verringern. Sie können auch süchtig machen. Die durch Stress ausgelöste Aggression wird wegen der Endorphine zu einem Verhalten, das sich selbst belohnt, und das der Hund gerne nochmal erleben möchte. Deswegen ist es wichtig, Situationen, die Aggressionen auslösen, zu vermeiden.
Mit gelegentlichem Stress kann der Körper relativ gut umgehen. Wenn der Körper wieder zur Ruhe kommt, werden die Stresshormone vollständig abgebaut und der Stress ist weg.
Von der Natur geplant war, dass die Stresssituation rasch beendet wird. Ist das nicht der Fall, weil Stressoren langfristig einwirken und die Pausen zu kurz sind, den Ruhezustand wieder herzustellen, entsteht Langzeitstress. Der ist wirklich böse - nicht nur für Fido. Cortison ist das Langzeitstresshormon. Sein Blutspiegel ist bei Langzeitstress erhöht. Bei Dauerstress folgt Stressgipfel auf Stressgipfel und man kommt nicht mehr zur Ruhe. Kurzfristige Stresssymptome wie erhöhter Blutdruck und Blutzuckerspiegel werden zum Dauerzustand. Auf die Dauer ist das nicht gesund.
Gestresste Hunde zeigen vielfältige körperliche Symptome.
Lesetipp: Stress bei Hunden von Martina Nagel
Häufiger als man denkt können medizinische Ursachen dem Problemverhalten auslösen. Deswegen ist der Gang zum Tierarzt die allererste Maßnahme. Erst wenn man sicher ist, dass der Hund organisch gesund ist, kann man über "psychische" Auslöser nachdenken.