Wer ist Fido?

Ein Leben ohne Hund ist möglich, aber es lohnt sich nicht.
Heinz Rühmann

hund hund

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Sonnfried

sonnfried der problemhund

Wollen wir ihn Sonnfried nennen. Sonnfried war die ärmste Sau im Hundehaus. Man hatte ihn ins Tierheim gebracht, weil er nach seinen Leuten und deren Besuchern geschnappt hatte. Später stellte sich aber heraus, dass er auch ordentlich misshandelt worden war.

Er war als Problemhund ins Tierheim eingecheckt und hat dort wohl auch niemanden im Unklaren darüber gelassen, was man von einem Problemhund zu erwarten hat. Er hatte seine Pfleger und Spaziergänger gebissen und wurde dementsprechend ein bisschen behandelt wie die Herren in den orangefarbenen Anzügen in den amerikanischen Spielfilmen. Mit fremden Leuten durfte er nicht spazieren gehen.

Als ich beschloss, dass die hundefreie Zeit endlich ein Ende haben musste, erschien ich mitten während der Öffnungszeit im Tierheim und erwartete, dort Hunde vorzufinden. Die hundefreie Zeit war schon arg lang gewesen, wenn man sogar vergisst, dass die manchmal fort sind�

Alle "Schließfächer" waren verwaist. Nur in einem saß ein freundlicher Hund, der ein bisschen so tat, als hätte er mich erwartet. Wir haben uns bekannt gemacht, wie man das mit Hunden halt so tut - und dann kam mir der Gedanke, er würde vielleicht auch gerne spazieren gehen. Also dackelte ich zu Mitarbeiterin und teilte ihr mit: "dort hinten sitzt ein Sonnfried. Ich glaube, der würde ziemlich gerne spazieren."

"Aber ich kann Sie doch nicht mit einem Problemhund gehen lassen" war die Antwort. Hatte ich mir schon gedacht. Aber ich war wild entschlossen und nach einiger Beratung mit dem Kollegen bekam Sonnfried seinen Urlaubsschein und mir wurde eine Leine in die Hand gedrückt, an der ein Hund im Hannibal-Lecter-Outfit hing. Da wurde mir schon ein bisschen bange. Mit einer Bestie unterwegs. Was wird er wohl tun?

Nix. Er hat sich benommen wie ein ganz normaler Hund. Und wenn Cellophan raschelt, macht Herr Lecter vorsichtshalber brav "Sitz". Man weiß ja nie� Das war so rührend.

Eigentlich wollte ich keinen großen schwarzen Bub, sondern ein wuscheliges Mädchen. Ich dachte nur, geh ich halt mal mit ihm raus, der arme Kerl, und dann such ich mir einen Hund. Aber ich hatte mich wohl ein bisschen verknallt. Also erschien ich zwei Tage später wieder und verlangte Sonnfried ausführen zu dürfen. Das ging nicht. Es war kein männlicher Mitarbeiter da, der ihn aus seinem Schließfach hätte holen können. Frauen durften da nicht rein. Uuuupps. (Ich war nämlich schon drin gewesen. Er hatte sich aber so stürmisch über seinen Besuch gefreut, dass ich ganz schnell wieder raus bin.)

In den nächsten zwei Monaten bin ich regelmäßig mit ihm durch den Wald gezogen - und hab mir immer wieder heimlich die anderen Hunde angeguckt. Den Höllenhund wollte ich nicht so recht. Aber bei keinem anderen hatte es Klick gemacht.

der erste gemeinsame Abend...

...war nicht wirklich harmonisch. Es fing ganz gut an. Sonnfried war ohne Ende aufgekratzt, hat alles intensiv untersucht aber dann hat er sich doch halbwegs beruhigt. Und kühl wurde es auch, also hab ich den Ofen angeschürt. Da saßen wir nun und beobachteten das Feuer. Und dann hab ich einen saudummen Affenfehler gemacht. Ich hab beide Arme auf seien Rücken gelegt. (Den nächsten Satz hab ich bei Herrn Coppinger geklaut:) "That's when he became all teeth" - das fand er gar nicht gut (sehr frei übersetzt). Er muss gedacht haben, ich will ihn runterdrücken. Runterdrücken. Unterdrücken. Und er hatte wohl schon genug Stress mit uns Affen gehabt, dass er nicht noch so einen haben wollte (meine Interpretation). Also was bleibt? Selbst der Chef sein.

Wir haben diesen Punkt sehr ausführlich diskutiert. Er hat mich böse angegurgelt, sich in meinen Arm verbissen und immer wieder angegangen. Ich hatte noch nie so ein böses Hundegesicht gesehen. Ich habe keine Türen in der Wohnung, also hab ich in meiner Not einen Sessel vor die Öffnung geschoben, aber nicht lange und der Höllenhund hat in weg geschoben und mich wieder mit seiner Haifischklappe bearbeitet. Sehr spät ist mir eingefallen, dass die mir auch einen Maulkorb mitgegeben hatten. Den hab ich ihm dann angezogen. Nicht um ihn zu strafen, sondern um mich zu schützen. Das war echt bitter nötig. Der Maulkorb war allerdings ganz nebenbei das beste Argument, dass ich seinen Zähnen entgegenzubringen hatte. Kaum hatte er den an, hat er sich beinahe erschöpft hingelegt. Wie der Spatz im Ventilator - und dann zieht jemand den Stecker� Hund ruhig, Maulkorb weg, prima.

Diese Schleife haben wir unendliche Male gedreht. Ich hatte schon Angst, er würde mir noch verhungern, weil er in der Wohnung ständig den Maulkorb tragen musste. Wenn er ihn nicht trug, dann ich (allerdings in der Hand) - ich hab mich keinen Schritt ohne bewegt, und das war auch nötig, und trotzdem waren meine Arme quietschblau bis zu den Ellenbogen. Jeder Tag fing eigentlich harmonisch an, und plötzlich hatte ich wieder seine Zähne im Fleisch. Und jeden Tag beschloss ich: wenn er mich morgen wieder beißt, bring ich ihn zurück. (Nein, nicht ganz richtig: die Bestimmung hieß wenn er mich nochmal beißt, bringe ich ihn morgen zurück. Jeden Morgen hab ich das beschlossen.) Wenn wir uns gerade nicht gebissen haben - seine Zähne, mein Fleisch - saßen wir an entgegen gesetzten Enden der Wohnung und schauten unglücklich. Sehr unglücklich.

Das hat etwa eine Woche gedauert, dann hatte ich das Haus zurückerobert. Aber nicht den Garten. Und da war alles noch viel schlimmer, weil er mich überrascht hat und er auch viel schwieriger zu packen war (am Halsband gepackt konnte er mich ja auch nicht beißen). Das ganze gipfelte in einer Millisekunde, in der ich dachte, jetzt zerfleischt er mich und wirklich Angst hatte. Und dann war der Spuk plötzlich vorbei. Von da an hatten wir zu Hause die perfekte Idylle. Er ordnet sich unter und ist folgsam. Ein Bilderbuchhund - zu Hause.

Aber wehe, wenn wir fortgegangen...

...das erzähl ich demnächst.

Falls ihr hier auch eine Geschichte loswerden möchtet:

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